Denkanstöße
Zurecht ging ein Raunen durch diese Nation, als Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble seine Vorstellung von Recht und Gesetz zum Besten gab (die sich vermutlich auch kein Haar von dem unterscheiden, was sich Otto Schily so alles vorgestellt hat). Jedenfalls liest man da von der Einrichtung des Straftatbestandes der "Verschwörung", potenzielle (!!!) Gefährder sollen vorsorglich interniert werden dürfen, und wenn das alles nicht ausreicht, dann soll auch über "die gezielte Tötung von Verdächtigen" möglich sein. Darüber müsse man "ohne Denkverbote" debattieren können - und Angela Merkel sprang ihm gleich bei, in dem sie ausrichten ließ:
"Ich will einen Innenminister, der sich mit diesen neuen Bedrohungen auseinandersetzt. Denkverbote helfen nicht weiter."
Tatsächlich will niemand Frau Merkel und Herrn Schäuble verbieten zu denken, und unter uns gesagt, ich wäre manchmal ganz froh, wenn sie häufiger denken würden. Denn dann wäre ihnen auch aufgefallen, dass beide einen Amtseid geleistet, und zwar nach Artikel 56 des Grundgesetzes, den ich an dieser Stelle zitiere:
Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.
Also einen Amtseid auf das Grundgesetz. Diese Feststellung ist wichtig für die weiteren Ausführungen.
In diesem Grundgesetz befinden sich zwei Artikel, für welche nach Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz die sogenannte Ewigkeitsklausel gilt. Diese Artikel sind Artikel 1 - die Menschenwürde - und Artikel 20, in welchem die Strukturprinzipien der Bundesrepublik Deutschland festgehalten sind. "Ewigkeitsklausel" bedeutet in diesem Zusammenhang schlicht, dass diese Verfassungsbestandteil auf ewig einer Änderung entzogen sind. Diese Definition ist für das Nachdenken über den Artikel 1 Grundgesetz von enormer Wichtigkeit.
Denn die Menschenwürde und die Anerkennung der Menschenrechte verbieten geradezu ein gezieltes und vorsorgliches Töten, denn auch hier darf ich wieder zitieren:
Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Zu diesen, meiner Meinung nach elementaren Menschenrechten gehört das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (man muss hierfür nicht einmal auf Artikel 102 GG, in welchem die Todesstrafe als verboten definiert wird, hinweisen). Das ist nicht kompatibel mit der Vorstellung, der Staat solle gezielte Tötungen bei Verdächtigen vornehmen dürfen. Denkanstöße hin oder her. Die Ewigkeitsklausel für den Artikel 1 lässt keine Änderungen und damit - meiner Ansicht nach - auch keine andere Interpretation des Grundgesetzes zu. Es wäre im Übrigen auch höchst abenteuerlich, dass allein die bloße Existenz hochgradig krimineller Individuen und Organisationen dazu führen sollen, dass elementare Menschenrechte mit einem Federstrich beseitigt werden sollen. Ein solches Denken mag in einem totalitären Staat opportun sein, in einer Demokratie ist es das nicht.
Schlussendlich: Falls Frau Merkel oder Herr Schäuble nunmehr der Ansicht sein sollten, es sei notwendig, Hand an elementare Bestandteile der Verfassung legen zu wollen, so verstoßen sie gegen das Grundgesetz, auf das sie einen Eid abgelegt haben. Das mag strafrechtlich nicht relevant sein (was man im Übrigen bedauern kann), sollte aber einen Denkanstoß in eine ganz andere Richtung liefern.
Konsequenterweise müssen in diesem Fall die Bundeskanzlerin und der Bundesinnenminister von ihren Ämtern zurücktreten. Der Amtseid auf die Verfassung und die Verfassung selbst sind unvereinbar mit den Vorstellungen, die beide von der zukünftigen Sicherheitspolitik in diesem Land gemacht haben. Also ist es nur naheliegend, dann auch keine weitere Verantwortung im Sinne dieses Grundgesetzes zu übernehmen, denn die Legitimität für ihre Politik beziehen sie eben auch aus diesem Grundgesetz (Artikel 62ff.).
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"Ich will einen Innenminister, der sich mit diesen neuen Bedrohungen auseinandersetzt. Denkverbote helfen nicht weiter."
Tatsächlich will niemand Frau Merkel und Herrn Schäuble verbieten zu denken, und unter uns gesagt, ich wäre manchmal ganz froh, wenn sie häufiger denken würden. Denn dann wäre ihnen auch aufgefallen, dass beide einen Amtseid geleistet, und zwar nach Artikel 56 des Grundgesetzes, den ich an dieser Stelle zitiere:
Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.
Also einen Amtseid auf das Grundgesetz. Diese Feststellung ist wichtig für die weiteren Ausführungen.
In diesem Grundgesetz befinden sich zwei Artikel, für welche nach Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz die sogenannte Ewigkeitsklausel gilt. Diese Artikel sind Artikel 1 - die Menschenwürde - und Artikel 20, in welchem die Strukturprinzipien der Bundesrepublik Deutschland festgehalten sind. "Ewigkeitsklausel" bedeutet in diesem Zusammenhang schlicht, dass diese Verfassungsbestandteil auf ewig einer Änderung entzogen sind. Diese Definition ist für das Nachdenken über den Artikel 1 Grundgesetz von enormer Wichtigkeit.
Denn die Menschenwürde und die Anerkennung der Menschenrechte verbieten geradezu ein gezieltes und vorsorgliches Töten, denn auch hier darf ich wieder zitieren:
Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Zu diesen, meiner Meinung nach elementaren Menschenrechten gehört das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (man muss hierfür nicht einmal auf Artikel 102 GG, in welchem die Todesstrafe als verboten definiert wird, hinweisen). Das ist nicht kompatibel mit der Vorstellung, der Staat solle gezielte Tötungen bei Verdächtigen vornehmen dürfen. Denkanstöße hin oder her. Die Ewigkeitsklausel für den Artikel 1 lässt keine Änderungen und damit - meiner Ansicht nach - auch keine andere Interpretation des Grundgesetzes zu. Es wäre im Übrigen auch höchst abenteuerlich, dass allein die bloße Existenz hochgradig krimineller Individuen und Organisationen dazu führen sollen, dass elementare Menschenrechte mit einem Federstrich beseitigt werden sollen. Ein solches Denken mag in einem totalitären Staat opportun sein, in einer Demokratie ist es das nicht.
Schlussendlich: Falls Frau Merkel oder Herr Schäuble nunmehr der Ansicht sein sollten, es sei notwendig, Hand an elementare Bestandteile der Verfassung legen zu wollen, so verstoßen sie gegen das Grundgesetz, auf das sie einen Eid abgelegt haben. Das mag strafrechtlich nicht relevant sein (was man im Übrigen bedauern kann), sollte aber einen Denkanstoß in eine ganz andere Richtung liefern.
Konsequenterweise müssen in diesem Fall die Bundeskanzlerin und der Bundesinnenminister von ihren Ämtern zurücktreten. Der Amtseid auf die Verfassung und die Verfassung selbst sind unvereinbar mit den Vorstellungen, die beide von der zukünftigen Sicherheitspolitik in diesem Land gemacht haben. Also ist es nur naheliegend, dann auch keine weitere Verantwortung im Sinne dieses Grundgesetzes zu übernehmen, denn die Legitimität für ihre Politik beziehen sie eben auch aus diesem Grundgesetz (Artikel 62ff.).
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CrabbyJack - 11. Juli, 07:28
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